Kurier, 09.12.1999

Der Jahrhundert–Philosoph: Karl Popper

Er gilt als der größte Wissenschaftsphilosoph dieser Zeit – und war Schulabbrecher: Sir Karl Popper. Der 1902 in Wien geborene Sohn eines Rechtsanwaltes brach in der sechsten Klasse die Mittelschule ab, absolvierte eine Lehre als Kunsttischler, holte als Externist die Matura nach, arbeitete als Erzieher in einem Hort für sozial gefährdete Kinder und studierte an der Wiener Universität Physik und Mathematik für das Lehramt. Dann wandte er sich der Philosophie zu. Im Jahr 1928 dissertierte er "zur Methodenfrage der Denkpsychologie". In diese Zeit fallen auch die ersten Kontakte mit dem "Wiener Kreis", einem bekannten Philosophenzirkel der Wiener Uni – was ihn bewog, seine Ideen zur Wissenschaftstheorie zu veröffentlichen: "Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie" und "Logik der Forschung" waren eine kritische Abrechnung mit dem "Logischen Positivismus" des "Wiener Kreises". 1937 nahm Popper, in Erwartung der weiteren politischen Entwicklung, einen Ruf an die Universität Christchurch in Neuseeland an. Dort arbeitete er an seinem Hauptwerk: "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" – häufig zitiert als eine Art Bibel einer marktwirtschaftlich orientierten Demokratie. Politische und persönliche Freiheit hielt Karl Popper für das höchste menschliche Gut. Zuviel Staat, meinte er, führe zu Unfreiheit, aber ein Zuwenig an Staat könne den Mißbrauch von Freiheit nicht verhindern. Nach dem Krieg lehrte er an der London School of Economics, 1965 wurde er geadelt. Er starb am 17. September 94 in England.